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Kategorie: blog

Die letzten Tage im Lager

Es ist 23.00 Uhr, als wir uns auf eine Nachtwanderung auf den Keiservarden machen. Der Keiservarden ist ein 366 m ü. d. M. hohes Bergplateau, welches einen guten Ausblick in alle vier Himmelsrichtungen bietet. Schon nach 20 Minuten erblicken wir, wie gross unser gesamtes Lagergelände ist. Nach weiteren Minuten haben wir Aussicht auf Bodø und seinen Hafen.

Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass es die ganze Nacht über klar sein und nicht regnen würde. Doch auf den letzten 700 Metern bis zum Plateau fing es doch leicht an, zu tröpfeln. Zum Glück hatte ich mich nicht auf die Wettervorhersage verlassen wollen, da sich das Wetter in den letzten zwei Tagen alle Viertelstunde geändert hatte. Deshalb hatte ich zum Glück trotzdem einen Regenschutz eingepackt. Starker, kalter Wind, Regenschauer und Sonnenschein wechseln sich mehrmals täglich ab.
Auch auf dem Keiservarden wehte ein unangenehmer Wind, aber es hörte dann auf zu regnen.

Vom Plateau aus betrachten wir das unglaubliche Panorama: Westlich von uns ist hinter der norwegischen See die Silhouette des Lofotengebirges zu erkennen. Nördlich steht die Mitternachtssonne, die sich versucht, durch die dicke Wolkenmasse zu drücken. Dahinter vermute ich in gut 2000 Kilometern Entfernung den Nordpol, dem ich näher nie war. In östlicher Richtung liegen dutzende Fjorde. Am südlichen Fusse des Keiservarden liegt Bodø, und dahinter sind grosse schneebedeckte Berge zu erkennen, deren Gipfel aber in dunklen Wolken verschwinden. Wir lassen es uns nicht entgehen, auf dem „Gipfel“ ein Gruppenselfie mit Sonnenbrille zu machen.

Gut gelaunt treten wir den Rückweg an, wobei wir eine andere Route wählen. Vom Gipfel aus geht es quasi querfeldein über die steinige Wiese des Keiservarden zu einem kleinen Bergsee. Wir sind von dessen Anblick ergriffen, setzen uns auf eine Bank und geniessen einfach den Anblick des Sees. Die Oberfläche des Wassers ist ganz ruhig, die Mitternachtssonne spiegelt sich in der Oberfläche, und der See hat sogar einen kleinen Sandstrand. Es fällt uns schwer, wieder aufzubrechen, aber wir müssen los. Es ist ja eigentlich mitten in der Nacht. Das vergessen wir immer wieder.

Das letzte Stück der Route ist ein „Wurzelweg“. Der Pfad ist breit genug für eine Person und von kleinen und grossen Wurzeln übersäht. Über uns erstrecken die Bäume links und rechts neben uns ihre Kronen und bilden ein Dach. Neben uns fliesst noch ein winzig kleiner Bach ins Tal hinab. Ich bin total geflasht von dieser Natur. Dazu kommt das Gezwitscher der Vögel, die nie zu schlafen scheinen, und ich nehme verschiedene Gerüche wahr. Es riecht total frisch nach Pfefferminz, Waldmeister, Meer, Erde und Blumen. Der Rückweg zu unserem Lager war für mich ein einzigartiges Erlebnis, was ich so schnell nicht vergessen werde.

Um 3 Uhr morgens sind wir wieder zurück im Lager, welches ebenfalls nie zu schlafen scheint, denn auch um diese Uhrzeit trifft man noch überall andere Pfadis an. Die Mitternachtssonne macht die Nacht zum Tag…

Leider geht das Lager dem Ende entgegen. Am nächsten Tag gehe ich mit ein paar Pfadis von uns noch in die finnische Sauna, die von den finnischen Teilnehmern extra für das Lager aufgebaut worden war. Die Sauna inklusive Spa-Bereich besteht aus einem Zelt, um sich umzuziehen, und zwei verschieden grossen Saunazelten. In den Saunen steht jeweils ein Ofen, der mit Feuerholz betrieben wird. Darauf liegen Steine, auf denen ein Aufguss gemacht werden kann. In den Saunen ist es ca. 60 Grad heiss. Um sich nach dem Saunagang abzukühlen, geht man eine Treppe aus Europaletten zu einem kleinen Bach hinunter. Das Wasser ist eiskalt und nadelt am ganzen Körper.

Nun ist das Lager offiziell vorbei. Das Swiss Stübli haben wir innerhalb von 2 Stunden mit vereinten Kräften wieder abgebaut. Nun heisst es, Abschied zu nehmen von vielen super Leuten, die ich im Lager neu oder besser kennen lernen durfte. Viele von uns reisen alleine oder in Grüppchen weiter, jedoch in verschiedene Richtungen. Ein paar müssen wieder arbeiten und treten ihren Heimweg an.
Wir werden uns sicher alle irgendwann bald wieder sehen.
Es wird ein unvergessliches Lager nördlich des Polarkreises bleiben.

Jabulani und ich sind mittlerweile nach Bergen geflogen und verbringen eine Nacht in einem Hostel, um umzupacken und uns mit etwas Proviant einzudecken, bevor es für uns weiter hinein in die norwegische Natur geht.